Timofej und Natascha vor der von ihnen erbauten Ost-West-Friedenskirche

Timofejs und Nataschas Erbe

Anfang dieses Jahrtausends, am 14. Juli 2004, ist Väterchen Timofej aus dem Leben getreten.

Er ist einen besonderen, einzigartigen Lebensweg gegangen und erlebte das volle Gefühlsspektrum, das ein Mensch je vom Schöpfer zur persönlichen Vervollkommnung und geistiger Entwicklung bekommen kann.

Sein Leben war erfüllt von Liebe, Glauben, Glück und Unglück, Freude und Trauer, Höhen und Tiefen, Hoffnung und Enttäuschung und wieder voll von Liebe … 110 Lebensjahre – sind gleichzeitig eine Gabe und eine Bürde. Tauchen Sie ein in eine wahrlich einzigartige Geschichte.

Blick in die ehemalige Ost-West-Friedenskirche

Timofejs Leben in Russland

Timofej Prochorow wurde 1894 nahe Rostow am Don geboren. Schon als Kind war er neugierig und charakterstark. Er wuchs in einer Zeit großer Umbrüche auf – vom zaristischen Russland über die Oktoberrevolution 1917 bis hin zur kommunistischen Diktatur. Trotz der Unterdrückung erkannte er früh die Manipulation des Regimes. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Kohlekurier, bis österreichische Soldaten ihm seine Pferde wegnahmen. Auf dem Heimweg erlebte er eine mystische Erscheinung: Die Mutter Gottes erschien ihm in einer Lichtsäule und sprach zu ihm.

  • Timofej Prochorow wurde am 22. Januar 1894 im Dorf Buchaewskaja, nahe Rostow am Don, geboren. Schon von klein auf zeigte er eine starke Persönlichkeit und große Neugier. In den langen Winterabenden versammelte sich die Familie am Kamin, und seine Großmutter erzählte Märchen und Legenden von Heldentaten, Abenteuer und der ewigen Konfrontation von Gut und Böse. Besonders eine Geschichte über den Kosakenführer Platov beeindruckte den kleinen Timofej. In dieser Erzählung besiegte Platov, von einer Übermacht verfolgt, seine Gegner durch einen kühnen Akt der Tapferkeit. Timofej, von dieser Geschichte inspiriert, sagte: „Keine Heldentat ist es im Kampf einer gegen mehrere zu gewinnen, ich werde alleine gegen die ganze Welt antreten!“

    Seine Kindheit und Jugend fielen in die Zeit des zaristischen Russlands unter Zar Nikolaus II., und er wuchs in einer ländlichen Gesellschaft auf, in der seine Familie zwar wohlhabend war, aber auch hart arbeiten musste. Trotz seiner Begabung und den Empfehlungen seines Lehrers, die Schule fortzusetzen, half er seinem Vater auf dem Feld. In dieser Zeit nahm er erstmals an einer Parade teil und sah den Zaren – ein Erlebnis, das sein späteres Leben noch prägen sollte.

    Doch die Welt um ihn herum veränderte sich schnell. Der Erste Weltkrieg und die Russische Revolution stürzten das Land in einen Strudel aus Chaos, Gewalt und Brüchen. Der Bürgerkrieg brachte keine Gewinner, nur unzählige Opfer. Timofej, ein Zeuge dieser Ereignisse, blieb jedoch von den Gräueltaten der Revolution und des Krieges verschont – Gott hatte ihn vor solch einer Dunkelheit bewahrt. Als die Kommunisten an die Macht kamen und die Sowjetunion gründeten, begann er zu erkennen, dass die neue Regierung das Land in eine Art kollektive Sklaverei führte. Die Menschen sollten ihre Individualität aufgeben, um sich einer staatlich auferlegten kollektiven Denkweise unterzuordnen. Timofej sah, wie das Land sich in ein Gefängnis verwandelte, und die Menschen, getrieben von Angst und Unwissenheit, zu Sklaven des Regimes wurden.

    Trotz der Herausforderungen blieb Timofej stets ein aktiver und neugieriger Mensch. Als die neuen Maschinen in die Landwirtschaft Einzug hielten, wollte er einer der ersten sein, der den Umgang mit den Traktoren lernte, doch ihm wurde dies aufgrund seiner wohlhabenden Herkunft verwehrt. Stattdessen arbeitete er als Kurier in den Kohlenwerken, fuhr mit einem Pferdewagen durch die Dörfer und brachte den Menschen Brennstoff. In dieser Zeit begann der Schatten des Krieges über das Land zu ziehen, auch wenn die Informationskontrolle und die Propaganda versuchten, das Ausmaß der Bedrohung zu verbergen.

    Der Zweite Weltkrieg brach 1941 aus, als die deutsche Armee in die Sowjetunion einmarschierte. Timofej, inzwischen 47 Jahre alt und mit einer Frau und zwei Kindern, wurde als ältester Sohn nicht eingezogen, um die Arbeit auf dem Land fortzusetzen. Er transportierte weiterhin Kohle, während seine Frau, Thekla, mit ihrem dritten Kind schwanger war. Im Winter 1943, als die deutsche Armee begann, sich zurückzuziehen, änderte sich alles. Eines Tages wurde Timofej von österreichischen Soldaten gestoppt, die seinen Wagen und seine Pferde beschlagnahmten. Verwirrt und ohne Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr machte er sich zu Fuß auf den langen Weg nach Hause.

    Als er Rostow näherte, geschah etwas Unfassbares: Eine Lichtsäule erschien am Himmel, die sich wie eine feurige Wand vor ihm öffnete. Aus dem Licht trat Maria, die Mutter Gottes, und sprach zu ihm. Diese übernatürliche Erscheinung sollte Timofejs Leben für immer verändern.

Die Erscheinung von Mutter Maria

In der Begegnung mit Mutter Maria erhielt er den Auftrag, eine Kirche im Westen zu bauen, eine Kirche zur Vereinigung von Ost und West.

  • Plötzlich kam eine Lichtsäule vom Himmel herab, und öffnete sich wie eine Feuerwand vor mir. Aus dem Licht kam Maria Mutter Gottes und sagte:

    – "Timofej, kehre um! Du wirst in den Westen gehen und mir eine Kirche bauen!"

    Ich fiel vor Ihr auf die Knie und flehte zu Ihr:

    – "Mutter, erbarme dich! Meine Frau ist schwanger und ich habe 2 Kinder! Und außerdem weißt du, wir haben Krieg!"

    – "Ich war bei dir zu Hause, sie alle sind wohl auf, deine Frau hat einen Sohn geboren und nannte ihn Wladimir. Und du, geh, und tue, was Ich dir aufgetragen habe!"


    Ich flehte wieder zu Ihr, dass ich wenigstens nach Hause kehren könnte, um sich zu verabschieden.

    – "Du hast keinen Weg mehr zurück", sagte Sie, "geh und errichte mir eine Kirche! Du wirst sie Friedenskirche von Ost und West nennen."

    So gab Timofej nach und fragte nur:

    – "Wie soll ich das alleine schaffen?"

    – "Ich gebe dir eine Helferin auf dem Weg."

    Und Timofej stand vor Gottesmutter im Schnee auf den Knien und weinte.

    – "Stehe auf, mein Sohn, ich werde immer mit euch sein auf diesem Weg und werde in Allem helfen!"

    Timofej stand auf und ging zum Militärlager zurück und Gottesmutter Maria stand immer da im Licht und begleitete ihn mit Ihrem Blick. Timofej wusste damals noch nicht, dass er seine Frau nie mehr wiedersehen würde.

Blick auf Timofej und Natascha auf dem Oberwiesenfeld an der Feldarbeit

Mit Natascha nach München

Timofej Prochorows Reise führte ihn von Schachty über Polen, die Tschechoslowakei und Österreich bis nach Italien und schließlich nach München.

Auf diesem langen und schwierigen Weg begegnete er vielen Herausforderungen und erlebte das Ende des Zweiten Weltkriegs. In Italien fand er die Frau Natascha, die er als die von der Gottesmutter versprochene Helferin erkannte. Sie machten sich zusammen auf und kamen über Umwege letztendlich 1952 in München an. Dort erhielt Timofej eine göttliche Vision, die ihm den Ort für die Kirche der Gottesmutter verriet – am Oberwiesenfeld in München. Dort sollte er mit Natascha die Ost-West-Friedenskirche errichten.

  • Timofej schloss sich einer Gruppe von Soldaten an. Sein Weg führte ihn zunächst von der kleinen Stadt Schachty über Polen nach Warschau und Krakau. In Polen machten er und seine Truppe keine längeren Aufenthalte, da Kämpfe im Land tobten. In der Tschechoslowakei blieben sie für etwa sechs Monate und verbrachten dann zwei Monate in Prag, wo sie das Leben in vollen Zügen genossen und von den Menschen vor Ort gut versorgt wurden. Timofej reflektierte oft über den Krieg und die Rolle des einzelnen Menschen in Konflikten, stellte sich die Frage, wie der „normale“ Mensch gegen den Krieg aufbegehren könne.

    Nach vielen Monaten kamen sie 1944 nach Österreich und schließlich nach Wien. Als Timofej eines Tages zurückkam, war sein Pferdewagen verschwunden, und er fand sich ohne Geld und Papiere im fremden Land wieder. Ein Russe namens Glaskow warb ihn als Zeitarbeiter an, und sie reisten nach Neustadt, das jedoch fast vollständig zerstört war. Nachdem sie dort eine Zeitlang gearbeitet hatten, entschied sich Timofej, nach Italien zu fahren. Auf dem Weg dorthin traf er auf Natascha, eine russische Frau, die ihren Mann verloren hatte und auf der Suche nach ihm war. Er erkannte in Natascha die Helferin, die die Gottesmutter ihm versprach zu schicken, und so reisten sie gemeinsam nach Italien, wo sie eine Zeit lang arbeiteten.

    Mit dem Ende des Krieges 1945 machten sie sich auf den Rückweg zu Fuß über die Alpen nach Österreich und fanden in einem ehemaligen Militärlager eine funktionierende Küche. Sie begannen Brot zu backen, und ihre kleine Bäckerei fand großen Erfolg bei den Menschen, die in der Nähe lebten. Nach anderthalb Jahren wurden sie nach Graz geschickt, wo sie eine Baracke mieteten und die erste kleine Kirche einrichteten, von der Timofej glaubte, dass sie die von der Gottesmutter versprochene Kirche sei. Doch der Bauer, bei dem sie wohnten, riss die Baracke ab. Es war noch nicht die richtige Zeit oder der richtige Ort.

    Durch Fasten und Gebet suchte er nach Antworten und erhielt schließlich eine Vision von Maria, die ihm den Ort für die Kirche zeigte – in München. Zusammen mit Natascha machte sich Timofej auf den Weg nach München. Auf ihrer Reise trafen sie einen russisch-orthodoxen Mönch namens Pantelejmon und zogen mit ihm weiter. Natascha hat erfahren, dass ihr Ehemann Jakob im Flüchtlingslager in Ingolstadt lebte, so fuhren sie, zu dritt zu ihm. Nach kurzer Zeit hat dieser die drei jedoch angezeigt und kurz darauf wurden sie festgenommen und zur tschechischen Grenze gebracht.

    An der Grenze kam ein katholischer Priester auf sie zu und fragte, warum sie denn unbedingt nach Russland fahren wollten und ob sie wüssten, dass ihr Zug sie als Volksverräter direkt in sibirische Arbeitslager bringen würde. Er zeigte ihnen den Zug nach Deutschland, in dem sie sich in der Nacht versteckt haben.

    Allerdings war der Weg nach München lang, kein Flüchtlingslager nahm sie an, sie wurden über Salzburg und Wien von einem Lager zum nächsten geschickt, bis sie schließlich 1952 endgültig nach München kamen.

    Angekommen, haben sie auf dem Müll ein paar Matratzen gefunden und haben unter der Isarbrücke geschlafen. Kurz darauf wurde Timofej schließlich ohne Papiere von der Polizei verhaftet. Während seiner Haft fastete Timofej weiter und erhielt am 14. Fastentag die göttliche Anweisung, dass er mit Natascha die Ost-West-Friedenskirche am Oberwiesenfeld bauen sollte.

Timofej und Natascha auf dem Dach des selbst erbauten Kirchleins

Der Bau der Kirche

Timofej und Natascha begannen den Bau einer Kirche in München, nachdem sie durch eine göttliche Vision den exakten Ort gefunden hatten. Trotz zahlreicher Herausforderungen, Verhaftungen und Schwierigkeiten – sie gaben nicht auf. Timofej erhielt die göttliche Erlaubnis, die Kirche zu errichten, und er betonte, dass es eine vereinigte christliche Kirche sein sollte. Als die Kirche fertig war, weigerten sich sowohl katholische als auch orthodoxe Priester, sie anzuerkennen, sodass Timofej selbst die Priesterschule besuchte, um Liturgien halten zu dürfen.

2 Jahre später erschien Erzengel Michael vor der Kirche und sprach über den Krieg, den die Menschen täglich leben werden, den Kampf der Dualität zwischen Gut und Böse – noch am selben Tag begannen Timofej und Natascha eine Kapelle zu errichten. Und mit der Zeit, je mehr Menschen von ihrer Geschichte hörten, desto mehr kamen sie besuchen.

  • Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis machte sich Timofej mit Natascha auf den Weg zu dem Ort, den Maria ihm in seiner Vision gezeigt hatte. Der Bereich war verlassen, übersät mit Unkraut und Brennnesseln. Sie fanden Arbeit auf dem Friedhof und begannen, das Fundament für die Kirche zu legen und ein kleines Häuschen für sich zu bauen, indem sie Material aus den Schuttbergen sammelten.

    Und die Prüfungen und Schwierigkeiten wollten nicht enden. Timofej wurde mehrmals für eigenwilliges Bauen verhaftet, saß im Gefängnis, wurde entlassen und wieder verhaftet... Trotz der wiederholten Verhaftungen, blieb Timofej standhaft und erklärte, dass er für Gott baue. Eines Tages wurde ihm schließlich die Genehmigung erteilt, nachdem er den Polizisten mit einem klaren Glauben an Gottes Willen überzeugt hatte.

    Während einer Phase des Fastens erhielt Timofej eine göttliche Vision, in der ihm gesagt wurde, dass jeder seiner 21 Fastentage einem Jahrhundert gleichzusetzen sei. Eine weitere Erscheinung zeigte ihm den Heiligen Fürsten Alexander Newski, der ihm bei seiner Aufgabe half.

    Nachdem die Kirche fertiggestellt war, bot Timofej sie den katholischen und russisch-orthodoxen Kirchen an, doch keiner wollte sie anerkennen. Timofej erklärte, dass es sich um eine christliche Kirche zur Vereinigung handeln sollte und sprach sich gegen die Trennung der christlichen Glaubensrichtungen aus.

    Timofej ging dann auf eine Priesterschule und wurde befugt, Liturgien zu halten, doch weiterhin schickte er Menschen, die sich taufen oder trauen lassen wollten, zu anderen Kirchen.

    Zwei Jahre nach der Fertigstellung der Kirche ereignete sich ein weiteres Wunder: Erzengel Michael erschien auf einer Wolke über der Kirche und sprach zu einer riesigen Menschenmenge – so Timofejs Vision. Nach seiner Rede sprach Natascha mit Timofej und er sagte, dass in der Zukunft ein Krieg zwischen Gut und Böse stattfinden werde, wobei nur ein kleiner Teil der Menschheit überleben würde. Nachdem er verschwunden war, begannen Timofej und Natascha, eine kleine Kapelle zu bauen.

    Die Polizei kam erneut, als sie mit dem Bau fortfuhren, doch dieses Mal, als Timofej sich freiwillig für die Handschellen anbot, ließ sie sie in Ruhe. Die Kirche und Kapelle blieben erhalten und immer mehr Menschen begannen, sie zu besuchen, nachdem sie von der besonderen Aufgabe gehört hatten, die Timofej und Natascha erfüllten.

Timofej vor der Ost-West-Friedenskriche

Die olympischen Spiele

„Wenn Mutter Gottes Ihnen erlaubt, alles abzureißen, dann tun Sie es. Wenn nicht, werden Sie es nicht machen können.“ Das waren Timofejs Worte, als die Kommission der Olympischen Spiele vorbeikam, um die Pläne des Olympiadorfs vorzustellen – am Ort der Friedenskirche hätte das heutige Olympia-Stadion entstehen sollen.

Letztendlich waren es die Münchner, die diesen Kampf entschieden und dank ihnen können wir uns auch heute noch am Ort der Ost-West-Friedenskirche begegnen.

  • „Wenn Mutter Gottes Ihnen erlaubt, alles abzureißen, dann tun Sie es. Wenn nicht, werden Sie es nicht machen können.“

    Mit diesen Worten begegnete Timofej der Kommission der Olympischen Spiele, als sie ihm mitteilte, dass an der Stelle der Friedenskirche ein Stadion für die Olympischen Spiele 1972 entstehen solle. Der Abriss seiner Kirche war bereits beschlossen, und als Ausgleich wurde ihm eine Wohnung von der Stadt angeboten. Doch Timofej reagierte ruhig. Ohne Widerstand oder Wut ging er in seine Kirche, kniete nieder und betete. Als er zurückkehrte, wiederholte er seine Worte: Wenn es der Wille Gottes sei, werde nichts seine Kirche schützen können – doch wenn Gott es nicht zuließ, würde kein Abriss stattfinden.

    Der Architekt Günter Behnisch betrachtete die Kirche nachdenklich. Er hörte sich die Geschichte von Timofej und Natascha an, sah die Einfachheit, aber auch die tiefe Spiritualität des Ortes und entschied sich, den Bauplan für das Olympiagelände zu überarbeiten. Die Kommission diskutierte heftig. Einige hielten die Änderung für untragbar, während andere sich von der Standhaftigkeit und dem Glauben des alten Mannes beeindrucken ließen.

    Doch letztendlich entschieden nicht die Funktionäre, sondern die Münchner selbst. Die Presse verfolgte den Streit, die Bevölkerung sprach sich immer stärker für den Erhalt der Kirche aus, und der Druck auf die Stadtverwaltung wuchs. Schließlich fiel die Entscheidung: Die Kirche würde bestehen bleiben.

    Die Olympischen Spiele kamen, und mit ihnen Gäste aus aller Welt. Während der Spiele strömten Tausende von Besuchern zur Friedenskirche. Menschen standen Schlange, um hineinzukommen, suchten Rat, baten um Gebete oder einfach nur um einen Moment der Ruhe. Timofej und Natascha empfingen sie alle. Sie hörten zu, spendeten Trost und beteten für jeden Einzelnen. Doch die Masse der Menschen wurde mit der Zeit überwältigend. Timofej fühlte, dass die Last zu schwer wurde, und bat Gott in einem innigen Gebet um Hilfe.

    Und wieder erhörte der Herr seine Bitte. In einer Vision sagte Gott zu ihm:

    „Wenn die Ost-West-Kirche bestehen bleibt, dann verlängere ich dieses Zeitalter, und die Flüsse des Lebens werden sich mit Milch und Honig füllen.“

    Später erklärte Timofej, dass die Friedenskirche nur ein Symbol sei – ein Wegweiser zur eigentlichen Aufgabe der Menschen.

    „Wir haben nur eine Kirche aus Holz und Stein gebaut. Doch die wahre Kirche muss jeder in sich selbst errichten – in seinem Herzen, in seiner Verbindung zum Schöpfer. Es geht nicht um Mauern oder Institutionen, sondern um die Einheit im Glauben. 'Dass alle eins seien, wie Du, Vater, in mir und ich in Dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass Du mich gesandt hast' (Johannes 17,21).“

    Er sprach davon, dass die Zeit der Spaltung vorüber sei. Der Kampf zwischen Gut und Böse, der die Menschheit seit Jahrtausenden prägte, müsse nun in eine neue Ära der Einheit übergehen. Und das Bild der „Flüsse, gefüllt mit Milch und Honig“ sei nicht nur ein göttliches Versprechen, sondern ein Symbol für das kommende Goldene Zeitalter – eine Welt ohne Krieg, ohne Krankheit, ohne Hass.

    Dank der Münchner, die sich für den Erhalt der Friedenskirche einsetzten, können wir uns noch heute an diesem besonderen Ort begegnen. Es ist ein Ort, der nicht nur aus Holz und Stein besteht, sondern aus Glauben, Hoffnung und der unerschütterlichen Überzeugung zweier außergewöhnlicher Menschen.

Timofej und Pauline Gerner beim Skifahren

Timofejs Reisen

Im Jahr 1977 verlässt Natascha ihren Körper, woraufhin für Timofej eine schwere Zeit begann. Erst Dank der Freundschaft und Stütze von Pauline Gerner ordnete sich sein Leben wieder und seine Reisejahre begannen. Pauline Gerner organisierte Reisen ins Karwendel, nach Italien und Griechenland. Im Jahr 2000 waren sie das letzte Mal in Davos, Schweiz, zum Langlaufen – Timofej war damals 106 Jahre alt.

  • Eines Tages gab es einen starken Sturm in München, die Bäume und Dächer wurden weggerissen. Die Kirche wurde nicht beschädigt, nur ein Kreuz fiel vom Dach der Kirche. Natascha sagte:

    „Dies ist ein Zeichen für mich, ich werde bald gehen.“

    Und so kam es auch, nach einigen Monaten wurde sie schwer krank und starb. Sie ging am 13. März 1977 im Alter von 80 Jahren.

    Danach kam für Timofej eine schwere Zeit. Es war so, als ob er das Interesse für das Leben verlor. Nur seine Aufgabe als Gottesdiener, die tägliche Liturgie und die Besucher hielten ihn am Leben.

    Nach einem Jahr wurde Pauline Gerner zu seiner Pflegerin. Sie besuchte Timofej und Natascha bereits früher. Auch sie kam aus der Sowjetunion, zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wurde sie nach Deutschland zwangsgeschickt, entkam den Faschisten, aber kehrte nicht mehr in die Sowjetunion zurück. Viele der Zurückgekehrten endeten in Zwangsarbeitslagern als „Volksverräter“.

    Frau Gerner ist eine Frau mit großer Charakterstärke. Sie stützte Timofej in seiner schweren Zeit, pflegte ihn, versorgte den Haushalt. Dank ihr bekam er eine Krankenversicherung, ärztliche Versorgung, Rente, ein Bankkonto.

    Es gab unter den Besuchern leider auch solche Menschen, die Timofej bestohlen haben, es gab auch genug Feinde, die die Kirche mit allen Mitteln übernehmen wollten. Sie alle verjagte Frau Gerner.

    Sie ordnete wieder sein Leben, dank ihr war er wie neugeboren, sie war ihm eine Freundin und Stütze bis zu seinem Tod.

    Frau Gerner organisierte mit ihm Reisen ins Karwendel, nach Davos, Italien und nach Griechenland. Zweimal waren sie in Russland bei seinen Kindern und seiner Verwandtschaft. Alle Kinder besuchten ihn in München mehrmals.

    Im Winter fuhren sie gewöhnlich in die Schweiz nach Davos und liefen dort jeden Tag Langlaufski. Das letzte Mal war es im Jahr 2000, Timofej war damals 106 Jahre.

Timofejs Geburtstag mit Christian Ude und weiteren Gästen

Timofejs letzte Jahre

An Timofejs Geburtstagen war sein Haus voller Freude und Menschen. Die Presse und das Fernsehen kamen und es war zur Tradition geworden, ein kurzes Interview beim ältesten Mann Deutschlands zu führen.

Oft kam auch der Oberbürgermeister Christian Ude mit seiner Frau, welcher Timofej bis auf seine letzten Tage unterstützte – nicht zuletzt mit einem Platz im Pflegeheim. Nach 110 Lebensjahren verließ TImofej am 14. Juli 2004 seinen Körper.

  • Jeder Geburtstag von Timofej wurde groß gefeiert. Die Freunde kamen, oft kam Oberbürgermeister Christian Ude mit seiner Frau. Herr Ude hat Timofej immer unterstützt und geholfen und auch nach dem Tod von Timofej, steht die Kirche unter seinem Schutz. Herr Ude erzählte bei jedem Geburtstag, wie er als kleiner Junge mit seinen Freunden bei Timofej die Äpfel aus dem Garten gepflückt haben. Und diese Äpfel waren für ihn die süßesten.

    Und zu jedem Geburtstag hat Timofej von Christian Ude eine Glückwunschkarte vom Bundespräsidenten bekommen.

    In solchen Tagen war Timofejs Haus voller Freude und voller Menschen. Die Presse und das Fernsehen kamen. Es war zur Tradition geworden, ein kurzes Interview beim ältesten Mann Deutschlands zu bekommen.

    In den Gästebüchern, die seit 1963 im Museum ausliegen, findet man Eintragungen in vielen Sprachen, sie sind voller Liebe, Freude, Frieden und Harmonie, die die Menschen in diesem Ort finden. In beinah allen Sprachen sind die Worte des Dankes für die Heldentat der Liebe, Erhaltung des Glaubens und der Hoffnung.

    – „Eine Oase des Himmlischen Friedens auf Erden. Hier wird der Körper und die Seele wie neugeboren. Der Friede überkommt einen. Die Triebe und Begierden, die den Menschen in Versuchung führen, werden besänftigt.“ – schreibt ein Besucher aus Russland.

    – „Erst hier fühlen wir, dass es für alle einen Gott gibt“ – schreiben Touristen aus Irland.

    – „Ich danke dir, Herr, dass du mich hierhergeführt hast, um zu SEHEN“

    Die Jahre vergingen, die Zeit hatte ihre Macht auch über den Körper von Timofej. Auf die Frage, wie alt er sich fühle, sagte er:

    – „Das ist verwunderlich, wie 20 ungefähr“

    Und dann, auf seinen Körper schauend:

    – „Ja, mein ‚Mantel‘ hat sich ganz schön abgenutzt.“

    Nach 2002 wurde er körperlich immer schwächer. Seine Lebensverhältnisse erlaubten es nicht, ihn rund um die Uhr zu pflegen, wie er es nötig gehabt hätte. Es gab nie fließendes Wasser, Toilette im Garten, schlecht beheizbares Haus. Hier kam wieder Herr Bürgermeister zur Hilfe und hat für Timofej ein Einzelzimmer im Altenheim am Don-Pedro-Platz mit medizinischer Versorgung organisiert. Dort war Timofej bis zu seinem Tod. Jeden Tag kamen Freunde zu Besuch. Pauline Gerner war bei ihm die ganzen Tage über.

    Väterchen Timofej ging in der Nacht zum 14. Juli 2004 im Alter von 110 Jahren. Sein Körper wurde am Westfriedhof, Block 196, begraben. Zur Beerdigung kamen Hunderte von Menschen.

(Markus 13,13)

Väterchen Timofej und Natascha haben im Glauben, Hoffnung und Liebe ihr Kreuz bis zum Ende getragen.

"Wer aber beharrt bis an das Ende, der wird selig"